Ellbogen

Ellbogen – Fatma Aydemir

Ein Gewaltexzess in einer Berliner U-Bahn-Station ist das zentrale Ereignis dieses Romans. Ungewöhnlich an dieser Geschichte ist die Perspektive: die Täterinnen sind junge Frauen. Sie sind in Deutschland aufgewachsen, erleben aber jeden Tag, dass sie einfach nicht dazugehören.

Eine Stärke des Buches ist das Beschreiben der Situationen, die Enge der Lebenswelten im Wedding, das sich zusammenbrauende Unheil in der Nacht von Hazals 18. Geburtstag, die Beschreibung der Gewalteskalion selbst und später die Istanbul-Szenen.
Eine weitere Stärke liegt darin, dass diese Geschichte konsequent ohne moralischen Unterbau auskommt. Es gibt keine Entschuldigung für die Gewalt, keine „mildernden Umstände“.

Beim zweiten Lesen des Buches frage ich mich, ob diese Stärke nicht auch die Schwäche des Buches ist. Denn ich will doch als Leserin eines Romans genau das wissen: Wie wird jemand so ein Mensch? Wie kommt es zu solchen schrecklichen Taten? In den Nachrichten erhalten wir keine Antworten auf diese Fragen. Da begegnen wir Täter mit einer Personenbeschreibung, aber ohne Geschichte.

In diesem Roman bleiben wir mit unseren Fragen genauso allein, wie wenn wir fassungslos vor Video-Aufnahmen von solchen Gewaltsituationen sitzen.

Dennoch: Das Buch ist gut geschrieben und die Frauenfiguren sind voller unterschiedlicher Facetten. Daher auf jeden Fall eine Leseempfehlung wert.

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