Identität im Netz

Das Wort Backup macht die Runde seit vor ein paar Tagen das Blog des Autors Dennis Cooper von Google ohne Vorwarnung gelöscht wurde. Zensur, künstlerische Freiheit und Redundanz im Netz sind weiteren Stichpunkte.

Digitale Identität ist mein Thema in diesem Zusammenhang. Wie sieht es aus mit meiner eigenen digitalen Identität? Ich habe bei fremden Bloghostern auf verschiedenen Plattformen anfangen und mich irgendwann auf mein Kraut-und-Rüben-Sammelblog zurück gezogen. Hab mir nicht mal die Mühe gemacht, den Domainnamen und den Blognamen abzugleichen. Die Sammelmappe läuft bei einem Hoster und wird mit mir sterben, spätestens wenn der Hoster kein Geld mehr bekommt. Eine Variante von „bis dass der Tod euch scheidet“. Denn dann wird niemand mehr in der Verantwortung sein, die Texte aufzubewahren oder ein Backup einzuspielen.
Dass das Internet nichts vergisst, ist eine der Mythen an denen nur ein kleines Körnchen Wahrheit ist. Das habe ich schon festgestellt. Damals als die Sammelmappe verloren ging und ich glaubte ein Backup zu haben, dass sich aber als nicht wiedereinspielbar herausstellte. Das Internet ist wie eine böswillige Klatschtante, es vergisst nur die Angelegenheiten nicht, bei denen du nackt und blöd dastehst. Alles andere kannst du vergeblich suchen. Es ist, als wäre es nie geschehen.

Vielleicht gibt es jetzt schon Menschen, die für den Fall ihres Ablebens bestimmen, was mit ihrer Blog- und Accountpflege passieren soll. So wie bei der Grabpflege. Ich gehöre eindeutig nicht dazu; bei mir wird alles zuwuchern, was auf den öffentlichen Accounts ist und die Sammelmappe wird verschwinden.
Nicht ganz, fällt mir jetzt ein. Das Marbacher Archiv dokumentiert sie. Aber ich habe mich nie darum gekümmert, was das in der Praxis heißt.

Aber mir würde es schon etwas ausmachen, wenn ich von Hoster zu Hoster ziehen müsste, weil meine Inhalte nicht genehm sind. Dann bräuchte ich dringend eine Redundanz.

Aber wie soll das gehen? Die eigenen Texte einspielen geht schon, aber was ist mit der Kommentaren und der Kommentaratmosphäre?
Wieder ein Thema, das für die Sammelmappe nicht relevant ist, aber eben für andere Blogs. Manche funktionieren wie kleine Räume oder besser wie Plätze in der Stadt an denen es zu Begegnungen kommt. Die Atmosphäre nach einem Umzug jedesmal zu erhalten und zu portieren ist gar nicht so leicht.

Vielleicht sollten wir uns schon mal daran gewöhnen, dass es nicht immer so einfach bleibt, Meinungen und Fiktionen frei zu äußern.
Vielleicht ist das einfach die Zukunft, die ein bisschen mehr Anstrengung von uns verlangt, unsere Rechte einzufordern und von unserem Recht auf freie Gedanken Gebrauch zu machen.
Vielleicht.

Comments (1)

ZuckerAugust 6th, 2016 at 13:09

Absolut!

„Das Internet ist wie eine böswillige Klatschtante, es vergisst nur die Angelegenheiten nicht, bei denen du nackt und blöd dastehst. Alles andere kannst du vergeblich suchen. Es ist, als wäre es nie geschehen.“

Ich habe ebenfalls nicht das Gefühl, daß das Internet nichts vergißt, sondern eher, daß viel zu viel eigentlich schnell vergessen wird. kaum war es da, ist es auch schon wieder verschwunden als wäre nie etwas gewesen.

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