Lottehaus

„Ich bin ja nur die Aufsicht.“ Diesen Satz gab sie öfters von sich und er blieb mir so stark in Erinnerung. Offensichtlich gibt es überall Menschen, die mit Herzblug in ihrer Arbeit aufgehen. Sie war zweifellos der Höhepunkt des Besuchs vom Lottehaus in Wetzlar. Sie begleitete uns durch die Räume und erzählte wissenswertes in eigenen Worte über das Haus, die Einrichtungsgegenstände und die Personen, die hier lebten oder mit dem Haus in Verbindung stehen.

In jedem Zimmer bestand sie darauf, dass wir uns zuerst den Audioguide anhörten, denn der erzählt das Wichtigste und das mussten wir zuerst hören, bevor sie uns dann ihre Geschichten ausbreitet.

„So ein Haus ohne Mutter in denen es vor lauter Kindern wuselte, das kann man sich ja auch ein bisschen wie eine sturmfreie Bude vorstellen, deshalb trafen sich da so gerne alle möglichen jungen Leute.“

„Da gab es mal eine Sonderausstellung, die sich mit dem psyschischen Symbolen im Werther beschäftigte und die hoben die große Bedeutung der Szene hervor, als Lotte das Brot mit dem Messer zum Herzen schnitt. Wie hätte sie sonst das Brot schneiden sollen? Andersherum wäre ja geschnitzt?“ Nein, diese Ausstellung hatte ihr nicht gefallen, aber eine mit Porzellanmalereien und dazu erzählte sie auch die Geschichte, dass Lotte später mal in die Verlegenheit kam ein teures Hochzeitsgeschenk anfertigen zu lassen und dass sie dann trickreich ein Plagiat herstellen ließ, weil sie der Ansicht war, niemand würde beim Kaffee trinken, die Tasse umdrehen und nach dem Fabriksiegel sehen.

Eine Geschichte war ihr etwas peinlich: „Stellen Sie sich vor, da kam doch im letzten Sommer diese Dame und musste telefonieren, ich habe ihr die Richtung gezeigt, wo sie eine Telefonzelle findet. Später kam die Dame wieder und fragte nach ihrem Anhänger und ich dachte, sie sei ein bisschen verwirrt. Sie konnte ihr Schmuckstück doch nicht im Haus verloren haben, sie war doch noch gar nicht drin gewesen, aber dann stellte sich heraus, dass sie ein Mitglied der Familie war und das Schmuckstück für die Ausstellung geschenkt hatte.“

Das Lottehaus scheint eine wohltuende Aura zu haben.

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