Waagnis

Gute Aktion: #waagnis
Allerdings werde ich meine Waage nicht aussetzen. Sie gefällt mir gut, tausendmal besser als ihre Vorgängerinnen. Mal benutze ich sie und mal benutze ich sie nicht. Mal fixiere ich die Zahlen, die sie mir anzeigt – das mache ich auch mit den Zahlen auf meinen Kontoauszügen – allerdings kümmeren auch die sich nicht um meine Fixierung. Und da sie sich nicht für mich interessieren, verliere ich das Interesse dann auch wieder an ihnen. Solange, bis ich es wieder finde.

Aber ich will nicht abschweifen. Ninia trifft den Kern des Problems sehr gut. Die Waage ist zur Kontrollinstanz geworden. Sie mahnt an. Aber was eigentlich? Sie gibt die Zahlen vor und dahinter stehen Gefühle, Image, Zuschreibungen. Dahinter steht ein irrer Wahnsinn. Ein Konsum- und Identitätsterror.

Wer sein Gewicht nicht unter Kontrolle hat, hat sein Leben nicht unter Kontrolle. Das ist die These, die im Raum steht. Und wie die Kontrolle aussehen soll, davon hat jede irgendwie eine Vorstellung. Ein Durchschnittsgewicht für einen Durchschnittskörper in einem Durchschnittsleben.

Nein, danke! Das klappt bei mir nicht. Warum auch.

Auf mich kommt eine neue Herausforderung zu: die Wechseljahre. Die schreiben sich mir ins Gesicht und in die Seele. Frauen in den Wechseljahren werden unsichtbar. Sie fallen durch alle Raster. Und raus bist du – heißt es im Alltag. Ausnahmen bestätigen die Regel. Wie immer. Aber ein Lichtblick sind sie nicht.
Höchstens ein Zementblock.

Ich wünsche der Aktion viel Erfolg!

Die weiteren Links dazu:
Kathrin: Weg mit der Waage – her mit dem Körpergefühl
Johanna: Die räudige Straßenwaage – bitte mitnehmen
Maike: Lebe wohl!
Journelle: Make (self-)love not diet oder #waagnis ist ein Anfang
Happy Schnitzel: Triggerwarnung.
Leelah: Vom Wiegen und Körperwaagen – ein #waagnis
FrauMutti: #waagnis 

Waagnis-Tumblr

 

Comments (18)

distelfliegeJuni 12th, 2013 at 20:22

Ich werfe meine auch nicht weg. Sie modert meistens monate lang im Schrank herum. Ich habe sie mir gekauft, als ich den Rauchen-Aufhör-Speck wieder abgespeckt hatte. Im Moment habe ich nicht so den Bedarf und vielleicht habe ich irgendwann wieder Bedarf.

claudiaJuni 12th, 2013 at 20:35

Im Schrank ist sie gut aufgehoben.

ViolineJuni 12th, 2013 at 20:53

Ich habe mir erst gar nie eine Waage angeschafft. Mir erzählt der Hosenbund, wie es um mein Gewicht steht.

verena lettmayerJuni 12th, 2013 at 21:11

ich hab mir vor ca. 3 jahren eine waage gekauft. um mein reisegepäck zu wiegen 🙂

SammelmappeJuni 12th, 2013 at 21:24

Ah, die pragmatischen Frauen melden sich zu Wort.

Der EmilJuni 12th, 2013 at 23:32

Waage? Bei meiner ist seit Monaten die Batterie leer und es stört mich nicht. Mein Volumen beträgt ca. zwei Faß und einen Kasten Bier.

SammelmappeJuni 13th, 2013 at 05:13

Wenn ich euch so lese, könnte ich denken, es gäbe kein Waagenproblem.

ClaudiaBerlinJuni 13th, 2013 at 10:16

Vor etwa 5 Jahren hab ich meine erste elektronische Waage gekauft und dafür jede Menge Produktbewertungen gelesen. Trotz vieler Loblieder gab sie nach 2 Jahren den Geist auf – einfach so, ziemlich sicher „geplante Obsoleszenz“. Danach kam keine neue mehr ins Haus und ich hab sie nicht vermisst. Mäßiges „Übergewicht“ ist bei zunehmendem Alter auch nach neuesten Studien eher lebensverlängernd – da wär ich doch bescheuert, mir darum einen Kopf zu machen!

Auch für die Wechseljahre ist es besser, ein wenig molliger zu sein, denn das Fett speichert Östrogen, das in diesen Jahren drastisch abfällt – es „puffert“ den Prozess also etwas ab. Ich hatte praktisch keine Beschwerden außer sehr gelegentlich ein paar „Hitzewallungen“, die ich als Saunaliebhaberin nicht als störend empfand. Einen Arzt hab ich gar nicht erst aufgesucht.

Hab keine Angst vor den Wechseljahren! Schau nicht nur auf das, was du zu verlieren meinst, sondern auf das, was dir zuwächst!! Ja klar, das Potenzial, auf den ersten Blick als „geile Schnecke“ angesehen zu werden, verschwindet – aber frau muss das nicht vermissen, eine „Unsichtbarkeit“ in diesem Sinne hat auch gewaltige Vorteile!

Und dann ist es, als würde ein Schleier fallen, der lebenslänglich das klare Denken und Wahrnehmen mittels eines Hormonkostüms vernebelt hat!! Nie zuvor hab ich mich geistig (und damit auch insgesamt) so frei gefühlt, wie seit dieser Umstellung.

Evtl. werd ich mal drüber bloggen…

IrisJuni 13th, 2013 at 11:35

Wurde gerade bei Twitter auf ein wundervolles Projekt gestoßen: http://www.abeautifulbodyproject.com/

ViolineJuni 13th, 2013 at 15:01

@ClaudiaBerlin
Au ja, blog mal darüber!

SammelmappeJuni 13th, 2013 at 16:14

Ich hab noch einmal über die Kommentare nachgedacht und komme so langsam ins Zweifeln. Irgendwie lesen die sich: Alles easy. Alles kein Problem.

Aber irgendwie ist es ja doch ein Problem, wie die Resonanz auf die Aktion zeigt. Für einige Menschen ein größeres, für andere ein kleineres. Aber irgendwie ist das Thema doch immer präsent.
Vielleicht ist es tatsächlich ein Generationenproblem, wie Antje schreibt. Das Bohei um das Aussehen hat einfach eine Grenze überschritten. Die Normen und Vorschriften gehen immer weiter. Das fängt mit den rasierten Schamhaaren an, geht über das Gewicht und macht vor Schönheitsoperationen nicht halt.

Wie schön, wenn Menschen mit diesen Themen beschäftigt sind, dann können sie sich nicht mehr mit anderen Dingen beschäftigten. Und schön, dass alle diese Themen so leicht über den Konsum abgefangen werden. Da ist klar, wer sich die Hände reiben kann, wenn die Strategie aufgeht.

Bei diesen Themen höre ich immer auch eine gewisse Überlegenheit raus. Ich weiß nicht, ob ich mich da täusche. Die einen überheben sich über die anderen, weil sie die verlangten Normen nicht einhalten, die anderen überheben sich, weil sie angeblich den Normen trotzen. Ich nehme da einen unangenehmen Unterton wahr.

ClaudiaBerlinJuni 13th, 2013 at 21:22

@Sammelmappe: tolle und punktgenaue Analyse! Dass hier bei dir aber hauptsächlich Menschen kommentieren, die schon eine gewisse Gelassenheit in Sachen Waage erreicht haben, hängt für mein Empfinden wirklich mit dem Alter zusammen. Man wächst da ja in der Regel doch irgendwann raus – und zudem sind die Älteren gegen das ganze Optik-Gedöhns auch deshalb immuner, weil zu ihrer/unserer Jugend-Zeit der Zeitgeist ein ganz anderer war!
Überheblich fand ich keinen der Kommentare.

Aber ich gebe zu, dass es MICH ÄRGERT, wenn ich all diese jüngeren Frauen lese, die so sehr „im Kampf um die Figur“ zentiert sind. Einerseits verstehe ich sie, weil ihr Umfeld heute ein anderes ist als meins in den 70gern – aber verdammt, ich möchte sie auch gerne schütteln und sagen: Mädel, kümmer dich doch mal um andere Themen! Könnte doch sein, dass die Welt dich braucht: Nicht als marktkonform zugerichtetes Objekt der Begierde oder Statussymbol, sondern als kreative Mitgestalterin!

Hach..

ViolineJuni 13th, 2013 at 21:24

Früher war das tatsächlich nicht so ein Buhei um die Figur, das stimmt. Und mittlerweile kann ich es nicht mitmachen, weil ich dann hungern müsste wie blöd, und raus käme nichts wie mindestens Dauerschlechtelaune, ständig Unterzucker, damit auch nicht konzentrationsfähig und all das. Und ganz abgesehen davon, hatte ich die letzten zehn Jahre weiss Gott andere, sehr viel wichtigere und sehr viel ernstere Probleme.

claudiaJuni 14th, 2013 at 04:55

Riotmango hat in ihrem Blogbeitrag sachlich das ausgearbeitet, was ich nur diffus empfand als ich den merkwürdigen Überlegensheitston in der Debatte angesprochen habe.
http://riotmango.de/wanted-fat-positive-debatten/

Ich habe mich auch falsch ausgedrückt, ich meinte die allgemeine Debatte dazu und nicht konkret die Kommentare hier.

ViolineJuni 14th, 2013 at 06:33

Jetzt habe ich denk Link gelesen.

Das ist tatsächlich eine Kultur, die ich nicht kenne, v.a. nicht in diesem Ausmass.
Hm, so lernt man sich übers Internet gegenseitig kennen, würde ich mal sagen, und erfährt von einander und was die Leute so umtreibt.

Vielleicht geht es in dem Schlankheitswahn auch um Leistung (in unserer Leistungsgesellschaft)? Leistung als Ersatz für Liebe? Vielleicht zeigt es auch eine Verarmung allgemein im Sozialen in unserer Gesellschaft an (wenn Schlanksein bedeutet, angenommen zu werden, angekommen zu sein, anerkannt zu sein)?

Hm.

Mal sehen, wer mir da noch was zu sagen hat. Möglicherweise schaffe ich es heute noch zum Lady*fest und es wird thematisiert.
Mir war das nicht klar, wie sehr sich Menschen damit tyrannisieren, erst durch #waagnis rückt mir das ins Bewusstsein.

verena lettmayerJuni 14th, 2013 at 21:16

mit meinem kommentar wollte ich beileibe nicht sagen: „alles easy“. so nicht. ich bin da gar nicht „überlegen“. bei mir wars halt so: ich galt immer als „zu dünn“, ich mochte als kind nicht so viel essen und so. bei mir bleibt „nichts hängen“. aber ich denke z.b. an meine mutter, die stets das gefühl hatte, „zu dick“ zu sein, wie sie sagt. und wenn ich dann ihre klamotten aus den 70ern anprobiere, passen die mir nicht!
…. ich weiß schon recht genau, was es mit diesem bescheuerten schlankheitswahn auf sich hat. UND: ich muss gestehen, ich habe das unterbewusst irgendwie auch verinnerlicht, das glaube ich schon :-/
nicht indem ich darauf achte, WIEVIEL ich esse oder so. aber: was ich so „schönheitsbilder“ im kopf habe …
da muss eine de-programmierung her!

Der EmilJuni 15th, 2013 at 00:25

Alles easy? So sollte das auch mit meiner Volumenangabe nicht klingen.

Aber: Ich setze mich – weil ich in meiner Jugendzeit eben auch noch anders erzogen und gebildet wurde – über den Schlankheitswahn hinweg. Ich nutze dafür als Mann sogar zwei ganz, ganz üble Klischees: „Mann ohne Bauch is ’n Krüppel.“ „Echte Frauen / Weiber (ja, ich mag das Wort, weil es für mich den Inbegriff der Weiblichkeit darstellt) haben echte Kurven.“

Ich als Mann habe wirklich ein Problem mit den durchgestylten Figürchen, die allenthalben zu sehen sind. Sie gefallen mir wirklich nicht, wirken zum Teil sogar abstoßend auf mich. Deshalb begrüße ich es, wenn Frauen sich aus dem Figurdiktat verabschieden.

Schönheit ist nicht „schlank“, nicht dünn, nicht klapperdürr. Schönheit ist weiblich.

Daher danke ich dafür, daß mir hier das #waagnis gezeigt wurde.

Nach dem #waagnis | KleinerdreiJuni 17th, 2013 at 20:10

[…] Anfang sein kann, und Happy Schnitzel hebt hervor, wie wichtig es ist, wie wir miteinander umgehen. Claudia Kilian und Frau Mutti wollen sich nicht von ihren Waagen trennen, letztere aber nun endlich mal von ein […]

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