Die Philosophie des Kindes

Als das Kind Kind war, lebte es in den verschlungenen Pfaden seiner Innenwelt. Mit großem Getöse und Gepolter katapultierte sich von Zeit zu Zeit die Außenwelt mit vollem Karacho in die Innenwelt des Kindes. War der Wirbelsturm der Außenwelt vorbeigezogen war, begann das Kind gleichmütig und mit höchster Konzentration die erdachten und erstaunten, zusammengezwirbelten Geschichten und Gefühle der Innenwelt wieder neu aufzubauen. Immer wieder aufs Neue. Stoisch. Ohne Ärger, ohne Hass, ohne Rachegefühle. So war das Leben nun mal: Man muss den Wirbelsturm der Außenwelt vorbeiziehen lassen, um sich dann wieder den unbegrenzten Möglichkeiten der Innenwelt hingeben zu können.

(Das ist der Eintrag zum vorherigen Jahreswechsel, ist auch heute noch stimmig.)

Comments (2)

ClaudiaJanuar 2nd, 2012 at 02:49

Als das Kind Kind war, kannte es keine Trennung zwischen Innen- und Außenwelt.

Klar gab es leidvolle Interventionen verschiedener Großmächte, doch mangels gebildetem/informierten Verstand wurde das gefühlt alles auf derselben Ebene „innerlich verhandelt“. Will sagen: die rezipierten Werte der Märchen hatten gleichermaßen kräftigen(den) Einfluss wie die nervigen Wirkungen der Göttinnen und Götter der Kindheit.

Gleichwohl spricht mich deine Erzählung unmittelbar an.

„…begann das Kind gleichmütig und mit höchster Konzentration die erdachten und erstaunten, zusammengezwirbelten Geschichten und Gefühle der Innenwelt wieder neu aufzubauen. Immer wieder aufs Neue. Stoisch. Ohne Ärger, ohne Hass, ohne Rachegefühle.“

Oh nein. Da war mein Kindheitserleben anders. Ich wurde so gedemütigt und vielfach gequält, dass ich als Zeichen emotionaler Lebendigkeit und „Normalität“ NATÜRLICH Rachegefühle spürte.

In gewissen selten Sternstunden hab ich die sogar ausgelebt (normal war ich nur Opfer), obwohl mein Selbstbewusstsein gar nicht MEHR im Keller hätte sein können, als es damals war. Z.B. hab‘ ich mal meinen aktuellen Angst&Hass-Gegner in Sicherheit gewiegt und beim gemeinsamen Schlitten-Fahren unter einem Vorwand die Handschuhe ausgezogen – um ihm dann in genügender Nähe zu „meiner“ Haustür eine zu knallen und dann abzuhauen..

Seltene Sternstunden des Widerstands zugunsten der Selbstachtung. Die mir aber aus der Situation nicht heraus halfen, dass DAS nun mal meine einzigen Spielgefährten waren.

Heute denken wir, wir könnten unsere Spielpartner wählen. Stimmt ja auch in gewisser Weise – aber nicht mehr da, wo es um die wichtigen Dinge geht. Da haben die einen halt Geld und Rechte, die anderen nur idealistische Vorstellungen…

ClaudiaJanuar 2nd, 2012 at 07:17

Es ist ein poetischer Text, ich geh davon aus, dass es klar ist, dass ich mit dem Text über das Kind nicht alle Kinder dieser Welt meine. Wahrscheinlich gibt es so viele kindliche Innen- und Außensichten wie es Kinder gibt. Sicher ist für mich allerdings, dass alle Kinder, diese Innen- und Außensichten anders aufnehmen als es Erwachsene tun.
Was mir auch auffällt ist, dass es tatsächlich so ist, dass sich die Freiräume der Kinder von denen der Erwachsenen unterscheiden. Es ist so, als tauschen wir sie ein Stück weit aus.
Wenn wir älter werden, tauschen wir vielleicht nochmal – das vermute ich, bin mir nicht ganz sicher.

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