Frausein im Netz

Frauen sind auf Internet-Konferenzen so selten wie der sibirische Tiger, denn ihr Fell scheint interessanter als ihr Knurren. Für eine gemeinsame Sprache braucht es jedoch nicht mehr Wissen über Technik, sondern einen Crash-Kurs in modernem Leben.

Von annalist über identi.ca angepriesen, löst der Artikel bei mir Unwohlsein aus. Da ist sie wieder die Wunderfrau, die Zauberfrau, die es allen vor macht. Obwohl sie doch den gleichen Anfeindungen und Unannehmlichkeiten ausgesetzt ist, wie die anderen Frauen. Am Anfang liest sich der Text für mich gar als sei er aus männlicher Sicht geschrieben: wie stellt „er“ „sie“ sich vor. Die ans Netzleben angepasste Weiblichkeitsfrau. Unangenehm wirkt das auf mich.
Problem erkannt, Gefahr nicht gebannt – ist mein Fazit. (Über den Text, nicht über die Frau)

Aber wer weiß schon, wie man sich bei diesem Problem die Finger nicht verbrennt?

Comments (5)

SusanneDezember 19th, 2010 at 10:35

Ich hatte das gleiche Gefühl wie Du. Und Deine Frage am Ende ist absolut berechtigt.

Für mich habe ich entschieden, nicht allzu viel auf das zu geben, was Frauen, die sozio-ökonomisch (i.e. Herkunft, Bildung, Einkommen und Beruf) bevorzugt sind, über ihre ‚(Miß-)Erfolgs‘-Story zum besten geben. Solche Texte gehören meistens zur Selbst-Darstellung dazu, ob sie nun plump affirmativ oder schlauer relativierend sind.

Was in ihnen so gut wie nie vorkommt ist, wie sich Frauen, die über keine Lobby oder Hilfstruppen auf ihren Seite verfügen, ihren Weg durch Beruf und Alltag bahnen. Und ein irgendwie glaubwürdiger Bezug auf die Probleme, die die Männchen haben, fehlt meistens ebenso, weil der Blick dorthin oft mir entweder zu neidisch oder zu gierig ausfällt.

Das Konstrukt der Superfrau (Mutter, Schwester, Hure und Amazone) ist so alt wie die Menschheit selbst, nehme ich an. Weil es zu den Bildern gehört, die Menschen sich voneinander machen und lieben. Jede(r) prüfe sich selbst, wie sehr die eigenen Gefühle dort sich austoben.

Und mehr oder weniger heftig auf diese Bild herein zu fallen, ist ebenso alt und ebenso verführerisch. Wie Frauen das jeweils verbrämen, tun sie es, ist allerdings spannend. Beim Mann vielleicht etwas weniger. Wie Menschen ihr Handeln und Denken im Nachhinein ‚in Reihe‘ bringen, sagt immer viel mehr über die Bedingungen aus, unter denen sie leben, als wie sie über diese Bedingungen sich äußern.

barbaraDezember 19th, 2010 at 11:17

„Was in ihnen so gut wie nie vorkommt ist, wie sich Frauen, die über keine Lobby oder Hilfstruppen auf ihren Seite verfügen, ihren Weg durch Beruf und Alltag bahnen.“ Das ist richtig. Zumeist schreiben die journalistinnen, die zumindest vorgeben erfolgreich zu sein über sich selbst. Aber das ist ein allgemeines Problem, dass Journalist/innen aus einem bestimmten Milieu kommen und alles ebend durch diese Perspektive sehen.

Ansonsten finde ich den text durchaus lesenswert, außer dass er für die FAZ doch erstaunlich viele sprachliche Schnitzer, vor allem mehrere schiefe Bilder enthält.

SammelmappeDezember 19th, 2010 at 11:49

Es beruhigt mich zu wissen, dass Du beim Lesen des Textes ähnlich empfindest. Manchmal komme ich mir selbst so sperrig vor. Aber ehrlich gesagt: ich bin Tag aus Tag ein von meiner Männer-IT-Welt umgeben und die fühlt sich ganz anders an als von der Autorin des Textes beschrieben.

Du tust sehr gut daran an den Aspekt der Bevorzugung zu erinnern. Die weiße, gebildete Mittelschichtfrau in den mittleren Jahren – die nimmt sich viel zu oft als Beispiel für die ganze Welt. Vielleicht bin ich deshalb ein bisschen vorsichtiger. Mein Weg in die Mittelschicht war hart und steinig.

KarinDezember 19th, 2010 at 12:45

Mir war auch nicht wohl beim Lesen des Textes. Zu viel stylisches Gebaren, mit dem die Autorin, wie mir schein, sehr kokettierte. Dass ihr auf Xing Männer Gedichte senden, die sie auf Barcamps kennengelernt hatte, finde ich nur seltsam. Seltsam auch für Xing. So weiß ich jetzt wenigstens, was sich auf dieser Plattform so abspielt.

Dank für den Beitrag, den Link und die anregenden Kommentare!

SammelmappeDezember 19th, 2010 at 15:26

Naja, ob die Gedichte auf Xing typisch sind?
Eher sind sie typisch für das Profil der Schreiberin. Bei der FAZ hat sie ihren Namen etwas gestelzt abgewandelt, auf Xing hat sie in ihrem Profil ihrer Schreiberinnen-Sachen und ihre erotischen Geschichten, die sie unter anderem schreibt. Daher wohl die lyrischen Mails.

Xing ist sonst eher für die markschreierischen, freiberuflichen Möchte-Gern-viel-Geld-Verdienerinnen und -Verdiener bekannt.

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