Macht und Ohnmacht

Menschen üben gerne Macht über andere Menschen aus. Sie kontrollieren gerne andere Menschen. Umgekehrt ist es so, dass Macht- oder Kontrollverlust für die meisten Menschen ein bedeutender Einschnitt in ihre Lebensqualität bedeutet. Sich ohnmächtig und hilflos fühlen löst Streß aus. Streß der auf die Seele schlägt und auch den Körper blockieren kann.
Im Arbeitsleben fühlen sich viele Menschen ohnmächtig. Einerseits wird in vielen Jobs eigenständiges und kreatives Arbeiten verlangt, andererseits soll sich immer alles in vorgegeben Bahnen bewegen.
Nur keine Querdenkerinnen oder Querdenker! Die stellen doch den ganzen Betrieb auf den Kopf.
Viele Beschäftigte empfinden die Arbeit des Personalrates als einen Kampf gegen Windmühlen. Die beschnittenen Arbeitnehmerrechte, der Rückgang der tarifbeschäftigten Arbeitsverhältnisse, die Verunsicherung durch den Arbeitsmarkt, politische Verhältnisse, die sich nur noch nach Marktpositionen richten und das Wort Gemeinwesen nicht mehr kennen. All diese Rahmenbedingungen sorgen dafür, dass viele Beschäftigte resignieren.
Die da oben, die machen ja doch was sie wollen, heißt es dann.
Ja, das stimmt. Sie machen, was sie wollen. Aber wir können es ihnen ein wenig schwerer machen. Ein wenig komplizierter. Ein wenig umständlicher. Wir können darauf achten, dass sie die Gesetze einhalten – wenigstens ab und an.

Das ist für mich Grund genug, mich der Ohnmacht entgegen zu stellen.

Comments (2)

SusanneJuni 18th, 2010 at 20:45

Macht (und ihr Gegenteil) sind ein sehr komplexes Phenomen.

Üblicherweise wird Macht mit pfui-wie.gemein und Ohnmacht mit aber-wie-nett konnottiert. Macht ist jedoch in sozialen Aggregaten ein äußerst wichtiges Steuerungsmittel. Die Anstrengungen vieler Menschen zu synchronisieren (das Geheimnis allen gesellschaftlichen Reichtums) gelingt u.a. nur dank Macht. Mag sie aus Gewehrläufen, den blitzenden Augen von Erleuchteten oder den schnöden Zeilen der Weisheit entspringen.

Mich verwirrt, wie viele Menschen glauben, ohne Macht auskommen zu können. Sich einbilden, ihre weichen Kissen seien Gott-gegeben, wie auch der stete Fluß von Zentralheizung und DSL-Anschluß und Radio zum Frühstück. Noch in der Bibel war jeglichen Menschens Besitz stets ein unter Mühen Abgerungenes. Kann ein Besitz denn wirklich für immer ein Einzuforderndes sein, oder ist das nicht bloß die Perspektive eines neidischen Kains?

Was mir am Ende die Frage aufwirft, wie Macht gebunden, gerichtet und beschnitten werden kann. Damit ihre Entfesselung nicht immer wieder in den gleichen Bahnen resultiert, die wir gerade aktuell sehen könnten, hätten wir nur die Augen dazu.

Die Idee der Gewaltenteilung klingt mir in diesem Zusammenhang nach wie vor nett in den Ohren. Staat und Privatier (egal ob bettelarm oder Milliardär) schienen einmal geeignet, einander zu begrenzen. Illusion, wir wir leider sehen. Nicht der einzelne Staat genügt als Pendant des Privatiers. Woher aber nehmen, was nicht ist, jedoch sein muß?

Mich Ohnmacht entgegen zu stellen, indem ich meine Ohnmacht demonstriere, reicht mir daher bei weitem nicht. Ist sehr tapfer, schön brav und einen rührseligen Film über sein Scheitern wert. Die Mathematik weiß es besser: Null multipliziert mit einer noch so großen Zahl ergibt Null. Im Rahmen zu bleiben bleibt flach. Und ‚wenig‘ ist niemals genug.

Wie nett, dann Gesetzen zu trauen. Als wäre das Übel nur ein Nicht-Mehr, Devianz vom nicht wirklich bösen Einst. Das, fürchte ich, ist nur Kinderglaube. Trost, der sich das Böse stets bloß als Mangel der Eltern vorstellt. Weswegen er, um Heilung nachsuchend, immer den Vater anruftund auf sein Wort vertraut.

Genau darin liegt für mich das Lähmende und Kleinenden solchen Lamentos. Das Bedrohliche des Seins ist eben nicht dessen Abartiges, sondern sein Artiges. Im Exzess zeigt sich das Normale als das an sich Normale. Erst dort wird Katastrophe zur Regel.

Weiß der Himmel, was das am Ende bedeutet! Ich leider nicht.

ClaudiaJuni 19th, 2010 at 08:39

@Susanne: Es ist immer wieder eine Freude für mich, wenn du die Sammelmappe besuchst. Du beleuchtest das Thema Macht von der gesellschaftlichen Seite. Mich beschäftigen die Themen Macht und Ohnmacht von der individuellen Seite. Was macht Macht mit dem Menschen? Sie oder er will immer mehr davon. Das Gefühl andere Menschen kontrollieren und steuern zu können macht süchtig. Aber es ist in jedem von uns verankert.
Was macht Ohnmacht mit uns? Ganz häufig lähmt es und setzt uns diesem gewaltigen Streß aus. Dieser Streß ist oft die Ursache, dass sich Menschen nicht wehren und nicht versuchen wenigstens einen Teil ihrer Macht – und sei es nur die über sich selbst – wieder zurückzuerlangen.

Macht und Ohnmacht wirken sehr unmittelbar auf unsere Seele. Auf unser Wohlbefinden. Sie stürzen uns oft in ein Handlungskarussell aus dem wir uns kaum mehr befreien können, wenn wir hineingeraten sind.
Da hilft nur sich über die Strukturen bewusst zu werden und sich zu entscheiden, was man ihnen entgegensetzen möchte.

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