Anhörung im Landtag

Hessischer LandtagGestern fand in Wiesbaden im Hessischen Landtag eine Anhörung zur Förderung von freien WLAN-Zugängen statt.

Der Antrag wurde von der SPD-Fraktion gestellt und im Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung behandelt. Die schriftlichen Stellungnahmen sind auf der Landtagsseite zu finden.

Viel interessanter als die schriftlichen Stellungnahmen ist erfahrungsgemäß die mündliche Anhörung, deshalb habe ich mich gestern auch auf den Weg nach Wiesbaden gemacht und wurde nicht enttäuscht.

Gleich vorweg: es war eine der dichtesten, interessantesten und sachlichsten Anhörungen, die ich bisher erlebt habe. Mit einer einzigen Ausnahme bemühten sich die Anzuhörenden ihre wesentlichen Punkte noch mal knapp zusammenzufassen.

Zu Beginn der Anhörung machten der Hessische Städtetag und der Hessische Städte- und Gemeindebund deutlich, dass eine angemessene WLAN-Versorgung für den Tourismus unerlässlich ist, aber auch einen Wettbewerbsvorteil bietet. Andererseits rät zum Beispiel der Gemeindebund wegen der derzeitigen Rechtssituation ab, freie Netze zur Verfügung zu stellen. (Wie abstrus das ist!)

Die anschließenden drei Stellungnahmen der Juristen Thomas Sassenberg, Reto Mantz und Ulf Burmeyer machten sehr deutlich, dass es in der derzeit bestehenden Rechtssituation durchaus möglich ist, freien Internetzugang anzubieten. Allerdings komme der derzeitige Gesetzentwurf des Bundes zum Telemediengesetz zur Unzeit. Sie plädieren dafür, dass das Land Hessen sich im Bundesrat für die entsprechenden Änderungsanträge einsetzt.

Tobias Hachmer stellte Freifunk vor und betonte dass es sich um eine ehrenamtliche Initiative und eine Form des bürgerlichen Aktivismus handelt. Als weitere Initiatoren waren die Medienanstalt Berlin-Brandenburg und die Stadtwerke Marburg eingeladen. Die mabb unterstützt sowohl Freifunkinitiativen als auch komerzielle Anbieter, die Stadtwerke Marburg sind dabei ein Netz mit diskriminierungsfreien Zugang aufzubauen, das sich nicht durch Datenverkauf finanziert. Der Vertreter der mabb sprach sich ausdrücklich dafür aus, den Zugang zu möglichen Knotenpunkten zu ermöglichen. Erwähnt wurden in diesem Zusammenhang, die von ihnen verwendeten Verteilerkästen für Strom und die meistens verweigerten Zugängen zu den Laternenpfählen.

Selbstverständlich waren bei der Anhörung auch einige kommerziellen Anbieter dabei. Deren Credo war sich ziemlich ähnlich, sie waren immer für Förderung in den Regionen, in denen sie keinen Gewinn machen können. Die gewinnträchtigen Zonen sollen ihnen doch bitte schön überlassen werden. Sehr interessant fand ich, dass die Bitcom das Wort „Marktversagen“ einbrachte.

Ja, und die Störerhaftung bei der Bereitstellung von WLAN fanden die kommerziellen Anbieter jetzt auch nicht so schlimm.

Der einzige Anzuhörende aus dem Bereich der Rechteverwerter brachte zaghaft seine nicht sehr professionellen Bedenken vor, dass die Störerhaftung doch die einzige Möglichkeit sei, die Rechte zu schützen.

Und weil die Anhörung sonst wirklich zu rund geworden wäre, gab es noch den einen Anzuhörenden, den ich in meinen Unterlagen als dysfunktionalen Laberkopf vermerkte – mit direktem Bezug auf seinen Vortrag.

 

Offensichtlich teilte der Vorsitzende des Ausschusses meinen positiven Eindruck, denn zwischendrin sagte er, wenn er gewusst hätte, wie informativ diese Anhörung sei, hätte er den Landtagspräsidenten und den Direktor miteingeladen. Das sollte wohl ein Seitenhieb auf das nichtvorhandene WLAN im Landtag sein.

 

Comments (6)

IngenieurNovember 13th, 2015 at 11:02

Danke, das du da warst und hier berichtet hast. Schön, das auch der Landtag sich Gedanken macht.MFG, Thomas

SammelmappeNovember 13th, 2015 at 11:25

Was für mich auch überraschend war, waren die Nachfragen der Abgeordneten. Das hatte ich schon wesentlich polemischer erlebt und gerade bei diesem Thema auch erwartet.
Die Sachlichkeit war wirklich bemerkenswert.

[…] Glücklicherweise nahm unter anderem Claudia Kilian von FreiFunk Frankfurt teil und hat über die mündliche Anhörung einen Blogbeitrag verfasst. Deshalb möchte ich euch ihren Blogbeitrag nicht vorenthalten und bitte euch, ihn zu besuchen. […]

W. BartussekNovember 15th, 2015 at 12:33

War auch dabei und das für mich wesentliche Ergebnis war ein breiter Konsens darüber, dass man die Störerhaftung im Telemediengesetz fallen lassen sollte, weil sie nur Rechtsunsicherheit verbreitet: die Störerhaftung stört.

sammelmappeNovember 15th, 2015 at 15:05

Genau, bis auf die kommerziellen Anbieter, die Rechteanbieter und Mister Laberkopf. Die fanden die Störerhaftung und dass sie sie zwingt ihren Kunden hinterher zu spionieren gar nicht so schlimm.

Einige hören da die Nachtigall trapsen, andere wittern ein Geschâftsmodell.

[…] Ein Mitglied unserer Vereines war dort und hat in ihrem privaten Blog über die Anhörung berichtet. […]

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