Journal24082021

Schwere Zeiten. In vieler Hinsicht. Es gilt Abschied zu nehmen und nicht zu weinen. Aufrecht gehen. Stütze sein. Das Ziel nicht aus den Augen verlieren.

H wie Habicht

H wie Habicht – könnt ihr lesen. Ist ein gutes Buch. Handelt von Habichten, Trauer, Tod, mentalen Ausnahmezuständen, Falknerei, von Trost finden, von der Jagd und dem Blutrausch und ein bisschen auch vom Sinn des Lebens.

Falsches Sicherheitsgefühl

Diese Gesellschaft wiegt sich in einem gefährlich falschem Sicherheitsgefühl. Zuerst hat sie zwei Jahrzehnte damit verbracht, Rechte des Einzelnen für eine gefühlte Bedrohung an eine immer schneller taumelnde abstrakte Staatsmacht zu verhökern. Was war – und ist – das für ein Freudentanz für all die so gar nicht abstrakten rechten Gesellen. Ob krimineller Untergrund, faschistische Polizistinnen-Gruppe, rassistisches SEK oder rechtsradikale Einsatzkräfte gewisser Spezialtruppen der Bundeswehr.

Ein wahres Festfressen am Datentrog! Da können schon mal ein paar Menschenleben auf der Strecke bleiben. Alles im Namen der Sicherheit.

Nur stellt sich jetzt gerade raus, dass dieser Staatsapparat nicht mal das kleine Einmaleins der Katastrophenvorsorge kann. Dass er unvorbereitet und mit Ansage in eine Pandemie reinschlittert und den Ausgang nicht mehr findet. Er kann keine Außenpolitik und schon gar keine Klimakatastrophe handeln. Nicht mal richtig für die Daseinsfürsorge einstehen kann er.

Diese Gesellschaft wiegt sich immer noch in Sicherheit. Sie kann gar nicht mehr anders, weil ihr auf jeglicher Ebene die Einsicht fehlt.

Jede zweite politische Aussage in den täglichen Nachrichten ist mittlerweile eine menschenverachtende Aussage in Bullshit-Formulierung verpackt.

„Die Taliban geben sich moderat.“ Das kann keine Frau, kein queerer Mensch, keine Ateist*in sagen. Das sagen die, die dem nackten Kaiser immer weiter von der Schönheit seiner Kleider vorschwärmen.

Wir sind so was von „am Arsch“. (Verzeihung)

Journal16082021

Zuviel. Viel zuviel Leid und Schmerz auf dieser Welt.

Ich schließe meine Herzenstür und halte Augen und Ohren bis auf Weiteres geschlossen.

Wo bleibt das Licht, die Liebe, die Hoffnung und der Trost?

(Das Schlimme an all den grausigen Nachrichten z. B aus Afghanistan ist, dass ich mir genau vorstellen kann, unter welchen Umst?nden, sie entstanden sind. Ich ahne die Atmosphäre der Sitzungen, Meetings und Krisengespräche. Ich kann mir vorstellen, was und wie intern geredet wurde und welche Kompetenzen bzw. Nicht-Kompetenzen mit am Tisch sitzen. )

Die Ernten der westlichen Demokratien fallen noch schaler aus als ihre Saat. Jahrzehnte lang wurde Farbe, Struktur und Körniges aus dem demokratischen Gewebe ausgewaschen. Jetzt stehen wir mitten im Regen.

Klimakatastrophe, Pandemie, wachsende Armut und eine unmoralische Schicht, die sich ?ber den Rest der Gesellschaft erhebt.

Da zerbricht gerade eine ganze Welt.

Journal14082021

Gefühl des Tages: Angezählt.

Wie ein angeschlagenen Boxer taumle ich durch die Tage. Immer ein bisschen zu viel Energie ausgegeben, als wieder reinkam. Es liegt auf der Hand, wie diese Verhaltensweisen enden werden.

Mich krisenbedingt ins Infektionsgeschehen gestürzt. Danach nass bis auf die Haut unterm Baum gestanden. Der Rucksack später auch innen voller Wasser.

Die Parallelwelt Pflegeheim von innen kennengelernt. Freundliche Menschen hinter Masken. Gespräche, die sich im Kreise drehen. Plötzlich bekommt mein Name verschiedene Rollen zugeteilt. Ich nehme jede an, solange mir mein Name bleibt.

Immer und immer wieder

Hiroshima

So unvorstellbar. So grausam.

And the World remembers the face.

Jedes Jahr, wenn es August wird, Sommer, dann kommt die Erinnerung an das Schreckliche. An das Grauen.

An den kleinen Jungen. The Little Boy.

So nannten sie die Bombe. Der Jahrestag kommt und die Glocken läuten.

Nie, nie hab ich das Leid ermessen können. 

Hiroshima. 

There’s a shadow of a man at Hiroshima where he’d pass the noon in a wonderland at Hiroshima ’neath the August moon  And the world remembers his face – remembers the place was here…

Journal04082021

„H wie Habicht“ von Helen Macdonald höre ich abwechselnd zur heftigen Lektüre „Die Unsterblichen“ von Anne Boyer.

Ich balanciere auf meinem Seelenheil. So viele Abgründe rechts und links und vor mir, hinter mir und überall. Eine schwierige Zeit. Andere haben noch schwierigere Zeit, sagt sofort eine Stimme in mir.

Ich weiß, ich weiß.

Es regnet in Marseille. Auf der Webcam sind die Menschen nur als kleine Punkte zu sehen, die am Alten Hafen entlanglaufen. Winzig klein.

Ich wäre gerne so ein kleiner Punkt im Regen.

Ein Bett

„Es gibt kein tragischeres Möbelstück als ein Bett, wie leichthin es stürzt – von einem Ort, an dem wir Liebe machen, zu dem Ort, an dem wir vielleicht sterben. Und von dem Ort, an dem wir schlafen, zu dem Ort, an dem wir irrewerden.“

Die Unsterblichen von Anne Boyer

Journal30072021

In Japan sagt der Präsident bei hohen Infektionsraten zu seinem Volk, die Menschen sollen zuhause bleiben und die Olympischen Spiele im Fernsehen anschauen.

Haha. Das Kriminelle kommt im zynischen Mäntelchen daher.

Die für das Krisenmanagement in den Hochwassergebieten Verantwortlichen sagen, jetzt sei nicht der Zeitpunkt, um nach Schuldigen zu suchen.

Jaja. Sehr einleuchtend. Wenn es um hohe Gehälter geht, argumentieren sie, sie tragen Verantwortung. Wenn nach der Verantwortung um Leben und Tod gefragt wird, dann möchten sie nichts mehr von dieser Verantwortung wissen. Es ist ziemlich krass. Vorallem weil sie die Warnungen in den Wind schickten. Die waren ihnen zu heftig.

Die einen diskutieren mit der Flutwelle und die anderen verhandeln mit dem Virus. Ganz klar: unsere Führungs- und Verantwortungselite. Sie strotzt nur so vor Intelligenz und Gier.

Kleine Erfolge

Kleine Erfolge sind klein und erwärmen mein Herz.

Vielleicht ein Schritt in die Richtung, die Erleichterung bringt. Nur für einen Moment oder zwei.

Schön wäre es.

Ein Lichtblick ist ein Lichtblick ist ein Lichtblick.

Für mich.