Journal07072021

„Beachten Sie die geltenden Verordnungen und Gesetze.“ Als Durchsage an den U-Bahnhöfen und als Laufschrift an den Haltestelle ist diese Formulierung doch etwas dreist. Wie sehr muss eine Institution die eigenen Kund*innen hassen, um das als Information durchgehen zu lassen.

Soll eine morgens vor sechs die Verordnungen durchgehen, um herauszufinden, ob die medizinische Maske oder die FFP2-Maske angesagt ist?

Oder hat jemand aus Versehen die Jurist*innen gefragt, welcher Text in das Laufband soll?

Tausch

schenke mir dein Schweigen

ich buchstabiere Träume
in die Welt

 Sonnenblume auf dem Balkon, seitlich fotografiert
Bildbeschreibung – Sonnenblume auf dem Balkon, seitlich fotografiert

Journal04072021

Draußen schüttet es und die Fussballtrommeln erklingen wieder. Lassen sich vom Gewitterdonner nicht beirren. Selbst Feuerwerk gab es noch. Keine Ahnung, was im Stadium gegenüber los ist. Scheint diese Normalität zu sein, die jetzt alle feiern im Deltaland.

Bitte nicht als Vorwurf lesen. Bitte nie als Vorwurf lesen.

Bin zurück aus einer Abschieds-Trauer-Schmerzenswelt und frage mich: Wie viel und wie lange kann eine einen Abschied ertragen? Wie schwer kann ein Abschied wiegen?

Journal29062021

Sommergewitter. Herzerfrischendes Getöse. Passend zur Stimmung.

Bildbeschreibung:Balkongewächse im Regen

Journal28062021

Wer bin ich, wenn ich nicht schreibe?

Wer bin ich, wenn ich nicht lese?

Wer bin ich, wenn ich dich nicht höre?

Ich höre. Ich lese. Ich schreibe.

Ich halte mich in meinem Leben fest.

Journal26062021

Die Situation an der Futterbar ist eskaliert. Die großen Vögel haben flugs das Drahtgestell mit der Energietafel entführt. Unter Verdacht stehen die Krähen, der Eichelhäher, aber auch die Tauben.

Ich werde Indizien sammeln müssen, denn Beweise sind nicht zu finden.

Alle in Luft aufgelöst.

Journal25062021

Der Eichelhäher besucht die Futterbar auf dem Balkon. Das erinnert ein bisschen an den Charme vom „Elefanten im Porzellanladen“. Er ist halt doch um einiges größer als die Meisen.

Journal23062021

Fühlt sich gut an, wieder ein denkender Mensch zu sein. Wie ein paar Grad weniger, die Welt beeinflussen können. Im Großen und im Kleinen. Ich hab den Fußball ausgeblendet, er findet ohne mich im Nachbarzimmer statt. Ich lausche den Vogelstimmen am offenen Fenster. Und den Flugzeugen. Sie fliegen wieder. Noch nicht im eineinhalb Minutentakt wie vor der Pandemie, aber deutlich verstärkt.

Hier in Frankfurt sinken die Inzidenzen seit ca. einer Woche nicht mehr. Die Delta-Variante ist angekommen, die Schulen sind im maskenfreien Präsenzunterricht und bis zu den Ferien dauert es noch eine Weile. Das wird ein spannendes Rennen. Wer wird es gewinnen? Die Impfungen treten gegen die Mutante an. Das wird spannender als dieses Fußballgedöns.

Aber immerhin: Das Fußballgedöns übernimmt Freuden strahlend die europäische Virenverteilung.

Helau.

Journal21062021

Der Himmel färbt sich rot und die Bäume winken vor dem Fenster. Kühle Luft. Meine Lebensretterin: kühle Luft. Ich kann endlich atmen und ein bisschen auch wieder denken. Genieße das sehr.

Heute morgen die Sonnenwende verpasst. Per Webcam und Lifstream den Sonnenwend-Sonnenaufgang Online betrachten. Das wäre es gewesen! Aber ich bin immer zu spät mit meinen Einfällen.

Kühle Luft.

Bin durchgehend fasziniert von ihr.

Journal20062021

Sonntagmorgen 6 Uhr. Ich laufe durch das Viertel und suche die Abkühlung. Der Wind, der über den Hang weht erstaunt mich. Obwohl alle Fenster einschließlich der Balkontür seit 2 Uhr geöffnet waren, spürte ich in der Wohnung keinen Lufthauch.

Der Schrittzähler an meiner Armbanduhr macht sich heute wieder lustig über mich. Ich bin nachsichtig mit ihm, immerhin zeigt mein Handy jeden einzelnen Schritt an. „Du weißt gar nicht, wie nahe Du dran bist, abgelöst zu werden.“

Wohin ich auch laufe, die dienstliche Verärgerung läuft mit. Unnötigerweise. Wie ich sehr gut weiß. Aber ich kann den Ausschaltknopf dazu nicht finden. Die anhaltende Verärgerung macht mir und denen Gegenüber zu schaffen. Um mich ist es schade, um die Gegenüber nicht. Sie besitzen viel Macht und setzen sie gnadenlos ein. Sie rümpfen die Nase und fühlen sich unwohl, weil sie direkte Reaktionen nicht gewohnt. Das Gesetz sieht vor, dass sie meine Reaktionen formal aushalten müssen. Ein paar Minuten Unwohlsein, dass ist alles, was ich zu bieten habe. Davon erlöse ich sie nicht. Trotzdem ist mir der persönliche Preis zu hoch.

So weit kann ich gar nicht laufen, dass ich mir diesen Ärger von der Seele laufe.