Journal18062021

Die Lesungen zum Bachmannpreis werden mich tragen„, schrieb ich und tippte nicht auf veröffentlichen.

Danach 48 Stunden Höllen-Feuertanz. Heute morgen noch in der Glut der fremdbestimmten Arbeit geschürft, die Rollläden runtergelassen. 34 Grad Hitze ausgesperrt und mich mit zwei mobilen Endgerät vor den Fernseher gesetzt.

Obwohl mir die Jurydiskussion manchmal tief auf den Geist geht, gebe ich zu, dass von diesen Klagenfurter Tagen eine Magie ausgeht. Dieses Eintauchen in Texte ist ein Wunderschutzschild. Es ist fast egal, dass es vorher und nachher die dienstlichen Desaster gibt.

Eine der besten Parallelwelten, die ich kenne.

Ob ich zu den Texten noch etwas schreibe, weiß ich nicht. Bin erschöpft und Hitze geschädigt.

Mit dem Tablet und dem Fächer vor dem Fernseher die Lesungen zum Bachmann Preis verfolgen

Journal16062021

Die Lesungen zum Bachmannpreis beginnen und ich bin nicht vorbereitet. Hab mir selbst das Timing vermasselt. Dafür hab ich kein Händchen in den letzten Wochen.

Jetzt heißt es frei schaufeln, frei schaufeln, frei schaufeln. Ich raune mir zu: alles wird gut.

Bestimmt. Die Lesungen werden mich tragen. An andere Zeiten und andere Orte.

Alles wird gut. Irgendwann.

Journal13062021

Sommertag. Anne-Frank-Geburtstag. Alles friedlich und ruhig. Eine einzige dunkle SorgenWolke schwebt direkt über mir. Blitz und Donner hält sie zunächst für mich bereit.

Nachdenken über das Vergessen und das Verschwinden. Krönchen richten, das sei wichtig, sagten sie mir. Meins sitzt immer sorgenvoll schief. Von Kindheit an.

Sommertag. Die Flieger fliegen wieder.

Aus Kuba kommen verzweifelte Mails. Es sieht nicht gut aus. Nirgends auf dieser Welt sieht es ohne Impfstoff gut aus. Für viele nicht mal mit.

Sommertag. SonnenSonntag. Der Wahlkampf rumpelt und poltert.

Ich hoffe inständig, wir geraten mit der Mutantenwelle nicht mitten in einen handlungsunfähigen Regierungswechsel.

Journal12062021

Die Sammelmappe hat sich in ein seufzendes Müdigkeitsjournal verwandelt. Nach und nach schalte ich höhere Müdigkeitslevel frei.

Aber es gibt auch Licht. Der Plan, sich in den Zug zu setzen für einen Tag. Zehn Stunden Reise, viereinhalb Stunden Aufenthalt. Ich freue mich drauf und hoffe, ich weiß noch, wie eine sich die Reisezeit gut einteilt. Außerdem gibt es weitere Pläne am Horizont.

Ach, ach. Hoffentlich setzt der ganze Fußball und Olympiakram nicht noch eine Welle in Gang. Großbritannien ist uns da ja immer ein paar Wochen voraus und wirft Schatten. Aber nachdem die Kultusminister*innen, die Pandemie für beendet erklären und ohne Plan A und schon gar nicht mit einem Plan B in die Zukunft schauen, wird sicher wieder alles wie gehabt.

Journal07062021

Abschiednehmen. Wer nimmt da wem den Abschied?

Wie lange ein Leben bröckeln kann! In sich zusammenfallen. Meine Aufgabe dabei ist es, aufrecht zu stehen. Ein Licht zu halten. Sanft zu sein. Respekt und Würde als Fahne hissen.

Das Dunkle am Horizont zieht gnadenlos auf uns zu. Was es genau mitbringt, weiß keine von uns. So lange ich kann, will ich das Licht behüten.

So lange ich kann.

Wilde Stille

Ein schöner Titel für ein lesenswertes Buch. Das erste Buch dieser Autorin ist irgendwie an mir vorbei gegangen. „Der Salzweg“. Ein Spiegel-Bestseller. Oft ist das eher ein Hinweis für mich, das Buch zu meiden. Aber eben nicht immer.

Heute Morgen gab es wieder Besuch auf dem Balkon.

Krähe auf dem Balkon
Bildbeschreibung: Schwarze Krähe auf dem Balkon

Regen gab es auch. Ergiebig nennt er sich wohl. Heimelig. Er zaubert Grün in allen Schattierungen.

Journal04062021

Friederike Mayröcker ist gestorben.

Ich hätte gedacht, dass sie locker die 100er Marke nimmt. Oder ganz unsterblich ist, das hätte ich durchaus für möglich gehalten. Aber nun hat sie doch etwas früher ihren Abschied aus der Zettelhöhle genommen.

Sie hinterlässt Worte und Poesie. Lyrik von ausgesuchtem Reifegrad.

Journal02062021

Die Bahnhofshalle heute morgen aggressiv aufgeladen. Aus jedem Winkel drang der Ärger und das Elend. Monatsanfang. Der bringt destruktives Leben mit sich und mischt die Sicherheitsleute auf.

Hab den Specht aus Versehen vergrämt und bin jetzt sehr bekümmert. Er ist wunderschön und so schüchtern. Aber ich war zu forsch. Ach, ach.

Es ist Sommer. Ich nehme das nur am Rande wahr. Alles ist grün. Die Flieger fliegen wieder.

Die Stänker*innen stänkern.

Der Lauf der Welt dreht das Pandemierad auf das nächste Level.

Journal31052021

Wenn ich das richtig verstanden habe, wird Betrug und Korruption jetzt in der Kategorie Schlamperei abgespeichert.

Zum Thema dann passend beim Vergrämer den Spruch des Jahres gesehen:

Die Maden im Speck kündigen an, dass die nächsten Jahre hart werden. Was sie nicht sagen: Für die anderen!

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Dann die Erinnerung an den Tag vor zwei Jahren. Ich war unterwegs mit Menschen, die die Twitter- und Blog-Sphäre nicht kennen und hab versucht zu erklären, warum ich so fassungslos und so tieftraurig bin. Noch heute tiefe Trauer, um eine Frau, deren Bedürfnis es war von Herzen gut und gütig zu sein.

Journal27052021

Sie bringen sie jetzt einfach mit auf den Balkon. Die großen Riesen-Flauschkugeln, so groß wie die eifrigen Eltern, die unermüdlich weiterfüttern. Der Fünf-Kilo-Futter-Eimer nähert sich dem Ende zu.

Sie fliegen und füttern bis in die Dunkelheit.

Bildbeschreibung: Junge hungrige Meise wartet auf ihre Fütterung