Journal27052020

Tag 63

Ein Sommertag. Stadtlauf am Morgen und zurück in der U-Bahn, die mir ungute Gefühle bereitet. Zehn Minuten Fahrt und ich wechsle dreimal demonstrativ den Platz. Die Ruhe in Person sozusagen. Diva kann ich auch.

In der Arbeit nagt eine Sache an mir, die ich nicht ändern kann, die mir aber emotial heftig zusetzt. Da drückt etwas heftig auf die Seele.

Zahlen des Tages: 181.524 und 8.428 Tote.

Etwas mehr als 10.000 aktive Fälle. Das sind immer noch mehr als damals im März als wir in den Lockdown (light) gegangen sind.

Journal26052020

Tag 62 Kontaktverbot

Die Verfügungen sind noch die von Mitte März, damals nannten sie es Kontaktverbot. Das Wort wird immer sinnbefreiter. Aber ich bleibe dabei, denn ihre Kontaktbeschränkungen kommen doch nur durch Kontaktverbote zustande. Ihre Verfügung wird auf Landesebene immer verlängert. Nur das Außen ändert sich.

Stand heute, darf ich meine Eltern zusammen mit meinen Schwestern immer noch nicht besuchen. Aber wir arbeiten an der Öffnung von Schwimmbädern und 31 Ländern als Urlaubszielen.

(Ich arbeite jetzt mal weiter mit diesem despektierlichem wir.) Wir sind nicht in der Lage, die Besuche in Altersheime menschenwürdig zu regeln. Wir retten Lufthansa und versuchen den Mindestlohn zu drücken. Wir beschweren uns darüber, dass die Arztpraxen leer bleiben und notwendige Untersuchungen und Behandlungen nicht gemacht gemacht werden, obwohl sich dort doch alle die Hände desinfizieren und Maske tragen.

Nachtigall ick hör dir trapsen.

Zahlen des Tages: 181.189 und 8.372

Journal25052020

Tag 61 Kontaktverbot

Wahrscheinlich wird das Kontaktverbot bis Anfang Juli verlängert. Wir ernten, was andere säen. Wie so oft im Leben.

Ich werde ruhig. Innerlich ruhig. Gelassen. Es ist Towelsday.

Zahlen des Tages: 180.595 und 8.309 Tote, die aktiven Fälle liegen knapp unter 12.000. Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen.

Journal24052020

Tag 60 Kontaktverbot

Hessen hat’s verkackt.

Mittlerweile sind es über hundert Infektionen, die aus diesem einen Gottesdienst hervorgingen. Wir sind jetzt Schweden. Nur dass die meisten von uns immer noch nicht ihre Angehörigen besuchen konnten.

Es wird absurd. Infektionsschutz auf persönlicher Ebene. Das wird langsam albern. Schütze sich wer kann. Vor Infektion und Armut. Sie bringen sich in Stellung. Üben den altbekannten Klassenkampf.

Derweil bringt sich das Virus in Stellung. Es tut, was es kann. Ist nur eine Frage der Zeit, wann es mutiert. Freie Bahn hat es ja.

Abschlussseufzer.

Wir werden unsere eigenen Regel finden müssen. So geht es jedenfalls nicht.

Tief in meinem Innern steckt eine Optimistin. Sonst wüsste ich gar nicht, wie ich mit soviel Unsinn umgehen kann.

Zahlen des Tages: 180.072 und 8.283

Journal23052020

Ausbrüche im Gasthof und beim Gottesdienst. Alles passiert mit Ansage und Anlauf. Seit sie sich entschieden haben, das Virus nicht zu eliminieren, ist klar, dass lange, harte Zeiten vor uns liegen. Dennoch bin ich jedes Mal aufs Neue enttäuscht, wenn das Absehbare eintritt.

Ich würde jubeln vor Glück, wenn es anders käme!

In der Zwischenzeit denke ich verzweifelt darüber nach, worin virustechnisch der Unterschied zwischen dem Ablauf eines Gottesdienst und dem von Schulunterricht besteht.

Erschwerend stellt sich heraus, dass sie die Kontakte bei den Gottesdiensten nicht gut verfolgen können. (Tiefer Seufzer)

Dafür planen sie die Frankfurter Buchmessezwar den Oktober. (Weiterer tiefer Seufzer)

Mein Gesichtsvisier für das Büro ist angekommen. Ein Tropfen auf den heißen Stein der Infektionsabwehrmassnahmen. (Abschließender Seufzer)

Zahlen des Tages: 179.945 und 8.261

Journal22052020

Tag 58 Kontaktverbot

Das Licht der letzten Tage von Emily St. John Mandel

Es hat länger gedauert bis ich mich an den Roman rantraute. Ein Roman über eine Pandemie, die eine zerbrechliche Welt aus den Angeln hob. Jetzt bin ich froh, dass ich das Buch gelesen und gehört habe. Selbst in der größten Zerstörung, gibt es Hoffnung. Darin bestätigt es mich. Wenigstens das. Besonders gut finde ich, dass die Kunst darin so beiläufig ihre Existenz behauptet.

Zahlen des Tages: 179.500 und 8.228

11 % der Infektionen in Hessen betreffen das Pflegepersonal. Zuviel aus meiner Sicht. Reihentests sollen von den Krankenversicherungen übernommen werden. Also von den Arbeitnehmer:innen. Lufthansa wird mit Rekordsummen gestützt. Arme Menschen bekommen nicht einmal Geld um ihre Masken zu bezahlen. Der Kauf von umweltversiffenden Autos soll gefördert werden. Schulen bleiben zum Ausgleich in ihren versifften Gebäuden.

Was sind uns unsere Liebsten wert?

Take care!

Es ist Zeit für eine Carerevolution.

Journal21052020

Tag 58 Kontaktverbot

Zahlen des Tages: 178.748 und 8.195, weltweit die 5 Milionengrenze überschritten.

Die Hälfte der Toten in Hessen starben in den Altersheimen.

Journal20052020

Tag 57 Kontaktverbot

Die Zahlen gehen wieder nach oben. Aber durch das lange Wochenende wird das jetzt ein paar Tage wieder so aussehen, als sei alles nicht so schlimm. Dann haut es erst so richtig rein.

Du kannst staunend vor diesen Grafiken sitzen und den Kopf schütteln. So nah dran und dann alles so versieben. So nah. Es hätte klappen können.

In Frankfurt ist eine Flüchtlingsunterkunft betroffen. Neuinfektionen mit Ansage.

Zahlen des Tages: 178.170 und 8.145 Tote

Journal19052020

Tag 56 Kontaktverbot

Noch ein Arbeitstag im Büro, dann habe ich vier Tage frei. Der erste freie Tag seit den Weihnachtsfeiertagen.

Ich freue mich drauf. Fühle eine Erleichterung. Beginne zu spüren, was für eine Last von mir genommen wird. Selbst der hartnäckige dienstliche Bullshit, der sich in mein Gemüt eingefressen hat, löst sich langsam auf. Meine Seele bekommt ihr nicht.

Zahlen des Tages: 177.574 und 8.081 Tote, sowie ca. 12.000 aktive Fälle

Journal18052020

Tag 55 Kontaktverbot

Da ist zu viel, das gerade verloren geht. Ein Selbstbedienungsladen für die einen, auf der anderen Seite bleiben die Opfer der Ausbeutung.

Nicht mal der Anstrich schert sie wirklich, nur die richtige Beschriftung, die hätten sie gerne. Etikettenschwindel als Kernkompetenz.

Lass gut sein.

Zahlen des Tages: 176.551 und 8.003 Tote, es heißt es seien etwas mehr als 12.000 aktive Fälle.

Ob den Impfgegner:innen klar ist, dass es vielleicht nie einen Impfstoff gegen das Corona-Virus gibt?

Ganz schön vertrackt, diese Diskussion. Das Anti-Fell des Bären wird über den Tisch geschoben.