Journal30122024

„Die Zeit ist das, was wir am meisten wollen, aber das, was wir am schlechtesten nutzen.“ – Virginia Woolf

Heute starte ich meinen Tag mit dem Lesen von Newslettern. Eine Ausnahme, denn leider finde ich viel seltener die Zeit, um mich in die Welt der Newsletter zu vertiefen, als ich es mir wünschen würde. Momentan gibt es einfach zu viele Routinen in meinem Leben – tägliche, wöchentliche und gelegentliche. Vielleicht war mein Motto, als ich die bevorstehende Zeit unbewusst strukturierte: „Besser mit mehr Routinen in die Rente starten als mit zu wenigen.“ Es scheint einfacher, Dinge wegzulassen, als sich erst einmal in den Sumpf der Untätigkeit zu begeben und dann die Zeit und die Erlebnisse neu zu strukturieren.

Doch für mich ist es auch eine Herausforderung, Dinge wegzulassen. Tägliche Routinen zu pausieren, fühlt sich an, als würde mir jemand etwas wegnehmen – etwas, das zu mir gehört. Ich bin noch nicht in dem Modus, in dem ich gelassen mit meiner Zeit, meiner Aufmerksamkeit oder gar mit meinen Gefühlen umgehen könnte. Oft überkommt mich eine merkwürdige Eile. Ich habe das Gefühl, ich müsse mich beeilen, um etwas zu sehen, etwas zu erleben. Der Tag ist kurz, die Sonne bricht gerade durch die Wolken, und der Raureif glitzert in diesem einen, perfekten Moment.

Dieser Montag ist für mich der beste Tag, um mich auf den Weg zu machen. Er bietet die Möglichkeit, neue Perspektiven zu entdecken und frische Inspiration zu finden. Doch die Nacht entzieht sich meiner Kontrolle. Sie hat ihren eigenen Rhythmus, ihre eigene Melodie, die ich nicht beeinflussen kann. In der Dunkelheit scheinen die Gedanken oft lauter zu werden, und ich finde mich in einem Strudel von Überlegungen und Träumen wieder, die mich manchmal überfordern.

Es ist ein ständiger Balanceakt zwischen dem Drang, produktiv zu sein, und dem Bedürfnis nach Ruhe und Reflexion. Ich frage mich oft, ob ich die richtige Balance gefunden habe oder ob ich mich in einem endlosen Kreislauf von Verpflichtungen und Erwartungen verliere. Vielleicht ist es an der Zeit, die Dinge zu überdenken und mir bewusst Pausen zu gönnen.

Ich genieße es sehr, die kleinen Momente des Lebens zu schätzen, die früher im hektischen Alltag untergingen. Ein schönes Lied aus dem Radio, das Erinnerungen weckt, der Klang von Regen, der sanft auf das Fenster prasselt, oder das sanfte Licht der Morgensonne – all das sind Geschenke, die ich nicht übersehen möchte. Vielleicht ist es nicht nur die Menge an Routinen, die zählt, sondern auch die Qualität der Erfahrungen, die ich mache.

So beginne ich diesen Montag mit dem festen Entschluss, achtsamer zu sein. Ich will die Eile hinter mir lassen und mich auf das Wesentliche konzentrieren. Denn letztendlich sind es die kleinen Dinge, die das Leben lebenswert machen. Und während die Nacht weiterhin ihr eigenes Ding macht, werde ich versuchen, im Hier und Jetzt zu leben und die Schönheit des Moments zu genießen.

Ganz sicher werde ich mich in den nächsten Monaten von den überflüssigen Routinen zu befreien und Raum für Neues zu schaffen. Es ist ein Prozess, der Zeit braucht, aber ich bin bereit, ihn zu gehen. Vielleicht ist es gerade die Ungewissheit der Nacht, die mir die Möglichkeit gibt, am Tag zu wachsen. Indem ich die Kontrolle loslasse, öffne ich mich für die Überraschungen, die das Leben bereithält.

Letztendlich sind es die kleinen Entscheidungen und Schritte, die meinen Alltag prägen.

Raureif

Spaziergang am Morgen. Die Magie der Raunacht liegt noch in der Luft.

Heutiges Zitat:„Ich träume von einem Leben, das voller Farben ist, so wie die Natur es uns schenkt.“– Frida Kahlo

Ein Zweig mit leuchtend roten Beeren, von grünem Laub umgeben, ist mit einem Hauch von Raureif bedeckt und hebt sich vor einem winterlichen Hintergrund ab.

Bildbeschreibung: Ein Zweig mit leuchtend roten Beeren, von grünem Laub umgeben, ist mit einem Hauch von Raureif bedeckt und hebt sich vor einem winterlichen Hintergrund ab.

Schlaflos

Schlaflose Raunacht – Was willst du mir sagen?

Die Anstrengung einer schlaflosen Nacht in den Tag hineintragen – was für eine seltsame Last. Was ist es, das mich nicht schlafen lässt? Der Geist der vergangenen Jahre tobt noch in mir, laut und ungebändigt. So schnell lässt er sich nicht mit Stille vertreiben. Und doch suche ich sie, diese Stille.

Doch kaum spüre ich einen Hauch davon, meldet sich ein kritischer Gedanke: Ist das nicht zu viel? Stille, die in unserer Gesellschaft oberflächlich als positiv gilt, wird schnell zur Bedrohung, wenn sie anhält. Das fühle ich tief in mir. So wurde ich sozialisiert. Neuronal verdrahtet.

Eine kleine Dosis Stille – das ist festlich, feierlich, fast heilig. Sie wirkt sinnlich und gesegnet. Aber wage es, mehr davon zu nehmen, und plötzlich wird die Stille einsam, isolierend. Sie macht dich unkommunikativ, lässt dich zurückgezogen erscheinen, bis du in der Vereinsamung zu versinken drohst.

Selbst die Stille polarisiert. Und das ist mir noch nie zuvor so klar gewesen.

Aber hilft nichts. Ich brauche sie jetzt in großen Dosen und Rationen. Solange bis ich wieder Kraft und Energie habe, um mich ins laute Leben zu stürzen. Schlaflose Raunächte sind übrigens nicht still. Sie explodieren geradezu mit ihrer Geräuchkulisse.

Journal26122024

Heute Morgen bin ich zum Ostpark geeilt. Aus einem mir nicht ersichtlichen Grund hatte ich es eilig an diesem Feiertag Morgen. Der Himmel war noch leicht rosa vom Morgenrot. Trotzdem kein Grund, sich darüber Sorgen zu machen, dass ich dort etwas verpassen könnte.

Der Ostpark lag ganz beschaulich da. Eher herbstlich als wirklich winterlich gestimmt kam er rüber. Die Jogger*innen laufen dort ihre Runden. Für mich blieb genug Platz, viel zu sehen und zu hören. Später kam dann die Sonne mit einem strahlendem blauen Himmel durch. Ganz in Feiertagsstimmung.

Jetzt bin ich satt, habe es warm und ruhig, kann tausend Sachen lesen.

Was für ein Leben!

Zitat für heute:
Die Stille der Natur ist das tiefste Wissen.“
– Annette von Droste-Hülshoff

Bildbeschreibung: Eine Weide mit herabhängenden, goldenen Zweigen, die vom warmen Licht der tief stehenden Sonne erleuchtet werden. Im Hintergrund glitzert ein ruhiger See unter klarem Himmel.

Journal25122024

Zitat für heute:
„Ich gehöre zu den Menschen, die den Zauber der Melancholie zu spüren vermögen.“
– Selma Lagerlöf

Heute ist eine ganz besondere Stimmung am Hang. Ruhig. Nicht ganz so mild wie gestern. Die Kälte etwas schärfer, aber noch nicht durchdringend. Gerade so, dass sich alles nach Präsenz anfühlt. In dieser Luft gibt es keine Vergangenheit und keine Zukunft. Nur den Augenblick.

Und der ist jetzt.

Bildbeschreibung: Ein kahler Winterweg, gesäumt von dunklen, verzweigten Bäumen, unter einem grauen, wolkenverhangenen Himmel. Im Hintergrund spazieren Menschen in der Ferne.

Bildbeschreibung: Ein kahler Winterweg, gesäumt von dunklen, verzweigten Bäumen, unter einem grauen, wolkenverhangenen Himmel. Im Hintergrund spazieren Menschen in der Ferne.

Heiligabend

Besinnlicher Morgenspaziergang am Heiligabend.

Jeder Augenblick ist von unendlichem Wert, denn er ist ein Vertreter der ganzen Ewigkeit.“– Marie von Ebner-Eschenbach

Eine Grünanlage mit Laub bedeckten Wegen, einer grasbewachsenen Fläche und hohen, dunklen Bäumen unter einem zarten Morgenhimmel in Pastellfarben.

Bildbeschreibung: Eine Grünanlage mit Laub bedeckten Wegen, einer grasbewachsenen Fläche und hohen, dunklen Bäumen unter einem zarten Morgenhimmel in Pastellfarben.

Zweisam

Ein Gedicht aus den Erinnerungen. Zweisam

Seinetwegen

Zora del Buono war erst acht Monate alt, als ihr Vater 1963 bei einem tragischen Autounfall ums Leben kam. In ihrem autofiktionalen Buch „Seinetwegen“ setzt sie sich intensiv mit der Vergangenheit ihrer Familie und dem schmerzhaften, gewaltsamen Verlust ihres Vaters auseinander. Spät in ihrem eigenen Leben begibt sie sich auf die Spur des „Unfallverursachers“, recherchiert und reflektiert über die Ereignisse, die ihr Leben geprägt haben.

Das Buch berührt mich tief, da es viele Themen anspricht, die auch mich bewegen. Die demente Mutter, die Gewalt und Zerstörung, die durch das Autofahren nicht nur das Klima, sondern auch die Gesundheit der Menschen beeinträchtigt. Die gesellschaftliche Akzeptanz, mit der viele Formen der Gewalt hingenommen werden.

Anaïs Nin schrieb einmal: „Wir schreiben, um zweimal zu leben: im Moment und in der Erinnerung.“ Durch dieses Buch wird das Leben weiter – nicht nur das der Autorin, sondern auch das der Leser.

Nebenbei experimentiere ich mit TikTok, wenn auch noch etwas ungelenk und ziellos. Gestern nahm ich draußen ein Video auf, das völlig unbrauchbar war – der Wind blies meine Worte einfach weg. Es gibt so viel zu lernen für mich: zu viel Technik, zu viel Insiderwissen. Aber das macht mir nichts aus. Ich habe Freude daran, Dinge zu lernen, von denen ich absolut keine Ahnung habe.

Reinstolpern und Spaß haben, neue Welten kennenlernen – das ist es, was im Moment zählt.

Journal21122024

„Manchmal muss man nur still sein und warten, bis die Seele wieder atmet.“ Kathrine Mansfield

Warten, bis die Seele wieder atmet – das scheint mir ein wunderbares Motto, um in eine sinnliche Rentnerinnen-Stimmung einzutauchen. Diese Tage sind wahrlich gesegnet. Umgeben von außergewöhnlich guten Büchern und poetischen Texten, finde ich mich in einer zugänglichen urbanen Umgebung wieder, erfüllt von einer tiefen Dankbarkeit, all dies erleben zu dürfen.

Es ist ein Geschenk, mich frei bewegen zu können, die Stille zu genießen und geduldig zu warten, bis meine Seele wieder atmet. Was für ein Glück ich doch habe! Um mich herum herrscht geschäftiges Treiben, die Weihnachtsvorbereitungen laufen auf Hochtouren. Doch in meinem Leben wird es ab heute langsam und nachdrücklich leise. Elfenruhig. Ich kann lauschen, ich kann warten. Ich kann still sein und darauf vertrauen, dass meine Seele wieder atmet.

Die stillsten und besinnlichsten Tage meines Erwachsenenlebens liegen vor mir wie ein kostbarer Schatz – ein Rentnerinnenschatz. Ich tauche ein, ich tauche unter. Ich bin frei. Die Gedichte liegen neben mir, die Worte schweben über mir. Das Langgedicht „Nachwasser“ von Frieda Paris vibriert noch in mir. Im Vorbeigehen habe ich mir „Tapfer Lieben“ – die Gedichte und Briefe von Marilyn Monroe – aus der Bücherei mitgenommen. Die Wendetagebücher von Sarah Kirsch teile ich mir besser ein als die Schokostückchen. Diese Texte sind so kostbar.

Abends male ich mir ein paar Blumen für die Träume, damit die Nacht einen Ausgangspunkt findet. Schön farbig, denn mir fehlte die Farbe all die Jahre.

Ich wünsche euch allen das Beste! Ich werde in diesen Tagen hier weiterschreiben.

Bethmannpark im Regen

Heute morgen bin ich in aller Frühe losgezogen, um meine Fäden entfernen zu lassen. Auf dem Rückweg dann der Bethmannpark als Belohnung für die überstandenen Ängste.

Bildbeschreibung: Ein ruhiger chinesischer Garten mit einem Pavillon am Rand eines kleinen Teiches, umgeben von Bambus und herbstlicher Vegetation, die sich sanft im Wasser spiegelt.

Bildbeschreibung: Ein ruhiger chinesischer Garten mit einem Pavillon am Rand eines kleinen Teiches, umgeben von Bambus und herbstlicher Vegetation, die sich sanft im Wasser spiegelt.

Zitat:
„Das Wasser, das mich spiegelt, macht mich zur Freundin der Dinge.“
– Marguerite Yourcenar