Journal03122019
Alles wird gut, sage ich mir.
Bestimmt, ganz bestimmt wird alles gut. Irgendwie und irgendwann.
In der Zwischenzeit lebe ich. Fühle ich.
Irgendwie.
Alles wird gut.
Jede weiß, dass das nicht stimmt.
Alles wird gut, sage ich mir.
Bestimmt, ganz bestimmt wird alles gut. Irgendwie und irgendwann.
In der Zwischenzeit lebe ich. Fühle ich.
Irgendwie.
Alles wird gut.
Jede weiß, dass das nicht stimmt.
81. Was würdest du tun, wenn du fünf Jahre im Gefängnis sitzen müsstest? Fünf Jahre wäre ein harter Brocken für mich. Gerade jetzt in diesem Lebensalter, in dem die Zeit wegläuft. Wahrscheinlich würde ich lange tief und innig mit der Welt hadern.
82. Was hat dich früher froh gemacht? Früher? Als Kind? Auf die Kirmes gehen und mit der Schiffschaukel in den Himmel schwingen.
83. In welchem Outfit gefällst du dir sehr? Praktisch, bequem, bunt oder hell.
84. Was liegt auf deinem Nachttisch? Ich besitze keinen Nachttisch sondern eine wunderbare Bett-Seitentasche. Leider habe ich mir darin meine Brille krummgebogen, dort liegt mein Tagebuch, Taschentücher, Kugelschreiber und anderer Kram drin.
85. Wie geduldig bist du? Fremdeinschätzung am Arbeitsplatz oft: sehr geduldig. Selbsteinschätzung im öffentlichen Raum: ich kann eine ziemlich aggressive Person sein, wenn mir irgendwer Raum oder Zeit streitig macht. Außerdem bin ich wie eine Prinzessin gewohnt, dass mein Alltag privilegiert reibungsfrei läuft. Jede Störung der Taktung führt zunächst dazu, dass ich in eine Verzweiflung verfalle, die sich nur nach und nach wieder aufheben lässt.
86. Wer ist dein gefallener Held? Keine Ahnung.
87. Gibt es Fotos auf deinem Mobiltelefon, mit denen du erpressbar wärst? Wahrscheinlich nicht.
88. Welcher deiner Freunde kennt dich am längsten? Da ihr meine Freundinnen nicht kennt, ist die Antwort entbehrlich.
89. Meditierst du gern? Auf meine Weise.
90. Wie baust du dich nach einem schlechten Tag wieder auf? Gar nicht. Ich gebe mich meiner Verzweiflung, Erschöpfung, Müdigkeit, meinem Unmut hin.
Die Fragen stammen ursprünglich aus dem Flow Magazin, und Beyhan hat daraus eine PDF-Datei erstellt.
Wenn ich dieses Jahr mit einem Wort beschreiben müsste, dann wäre müde, die ehrlichste Wahl.
Ich bin müde. In jeglicher Hinsicht. Ich bin müde und süchtig nach Schlaf. Jederzeit könnte ich schlafen und träumen. Mich in die Ecke legen und bei mir sein. Nur bei mir.
Zwischendurch erfreue ich mich noch wenn ich lesen kann oder schöne Sachen kucken.
Aber meistens muss ich ja doch arbeiten, mir Sorgen machen, mich mit Dingen beschäftigen, mit denen eine sich als verantwortsvolle Erwachsene eben so beschäftigen muss.
Diese Welt ist nicht gemacht für introvertierte Menschen und je älter ich werde, desto mehr Kraft und Energie kostet mich das ständige Interagieren mit Menschen.
Zum Glück habe ich das aber langsam akzeptiert und dem schlechten Gewissen ein Schnippchen geschlagen.
Ich bin müde. Das gehört zu mir.
Nach den 70er Jahren habe ich mir jetzt das Wörterbuch von Hans Hütt aus dem Dudenverlag für die 80er Jahre vorgenommen.
Mein Leben als junge Erwachsene ist hart in die 80er Jahre gestartet. Die Welt stand denen mit wenig Geld nicht wirklich offen, aber ihre Fenster wurden weit geöffnet, frische Luft strömte hinein und wieder heraus.
Die Welt wurde bunt und grell, die Politik zog alle Register. Das Buch lässt die Erinnerungen vorüber ziehen: die Schulterpolster wachsen, der Zauberwürfel dreht sich, die La-Ola-Welle rollt.
Ich blättere mich durch meine frühen Jahre, während die 99 Luftballons fliegen, die Atommächte sich bedrohen und der Weltraum zum Kampfgebiet ausgerufen wird. Die Computer piepen und zurren. Die Freaks dazu lernte ich erst später kennen. Dass Frauen ihre eigenen Wege gehen können, darauf vertraute ich damals mehr als heute.
Die Zeitreise mit diesem kleinen Buch ist ideal als Geschenk geeignet.
In den 70er Jahren bin ich erwachsen geworden. Viel von dem, was tief in meiner Persönlichkeit steckt, hat einen Ursprung in dieser Zeit. Deshalb habe ich mir als erstes der vier Wörterbücher aus dem Dudenverlag von Hans Hütt, „Die 70er Jahre“ herausgesucht. Eine Zeitreise heißt es auf der Rückseite des Buches. Vielleicht ist es auch so etwas wie ein Poesiealbum, gewidmet einem ganzen Jahrzehnt.
Beim Blättern durch das Buch fallen mir viele Erinnerungen wieder ein, es fühlt sich an wie das unerhoffte Wiedersehen mit einer alten Freundin.
Wisst ihr noch? Der Flokati! Was alles so in einem Flokati verschwinden konnte. In seinem zotteligen Fell. Und wehe, du hast Deinen Rotwein darüber verschüttet. Keine gute Idee, sage ich euch. Ganz und gar keine gute Idee. Aber da kommen schon der Aforlook und die Schlaghose. OMG!
Und der Trimm-dich-Pfad! Was ist der alt geworden.
Aber es gab auch ernste Erinnungen, die Rasterfahndung, die Ausbürgerungen und die RAF. Beim Thema autofrei schließt sich der Kreis zum aktuellen Geschehen.
Was für ein Jahrzehnt! Eingepackt in ein kleines, feines Büchlein.
Super als Geschenk geeignet.
Lieben, lesen, innehalten. Dem schlechten Karma keine Chance geben.
Was kann ich mehr von einem Tag erwarten?
In Gedanken bin ich immer noch mit den Wandteppichen von Hannah Ryggen beschäftigt. Sie gehen mir nicht mehr aus dem Kopf. Auch die Frau und Künstlerin beschäftigt mich. Es war gut, dass ich mich zum Meetup in der Schirn angemeldet hatte.
Zuerst zögerte ich, weil ich das Format nicht kannte.
In einer diskursiven Gruppenführung sprechen Esther Schlicht, Kuratorin der Ausstellung und Deborah Krieg, stellvertretende Direktorin der Bildungsstätte Anne Frank, über Hannah Ryggens Tapisserien und beleuchten dabei die Bedeutsamkeit ihres Œuvres aus aktueller Perspektive.
Ich bin ja eher die, die schweigt und kuckt. Was weiß ich, was ich mir darunter vorgestellt hatte. Jedenfalls war das Gespräch der Schirn-Mitarbeiterinnen mit Doborah Krieg und natürlichen auch den Teilnehmerinnen sehr aufschlussreich. Nie von oben herab, eher wie ein langsames Annähern an die Arbeiten und die Aussagen.
Schon beim ersten Blick auf einen der Teppiche war ich verliebt in dieses Werk. Was für eine Fülle! Was für eine Arbeit! Was für ein Streben nach Wahrhaftigkeit.
Und dazu diese Materialien: handgeschorene mit Naturfarben bearbeitetet Wolle auf selbstgebauten Webstühlen. Das Garn so dicht. So stark.
Ich sag Euch eins: die Welt wäre besser, wenn sie mehr Platz für Wandteppiche dieser Art hätte!
Jutta hat zu dieser Ausstellung – Gewebte Manifeste – auf bezeihungsweise weiterdenken geschrieben.
Die schönsten TextMosaike finden sich doch in den Blogs. Bunt zusammengelegt nach Mustern und Farben.
Die Mützenfalterin zaubert die Mosaike aus Worten auf brilliante Art.
Zum Träumen schön.
„Das Weinen ist ja auch eine Form der Nacktheit, und beide Formen gleichzeitig zu erleben löst eine Art panisches Mitleid aus. Deshalb bieten Menschen einander Taschenbücher an; es ist ein fürsorglicher Akt, eine Wiederherstellung der Würde, ein Appell, sich anzuziehen.“
Heather Christle in Weinen
Ein Mosaik des Weinens
Wer auch immer mir das Buch empfohlen hat: Herzlichen Dank dafür.
Weinen von Heather Christle
Die Stadtbücherei hat es für mich angeschafft. (Bringt die Bücher der Autorinnen in die Bibliotheken! Wir brauchen sie.)